Honorarvergütung Ärzte

Ärztehonorar steigt um vier Prozent im Jahr 2024

Die Mittel für die ambulante Versorgung werden im nächsten Jahr um knapp vier Prozent aufgestockt. Der Erweiterte Bewertungsausschuss hat am 13. September 2023 einstimmig eine Anhebung des Orientierungswertes für das Jahr 2024 um 3,85 Prozent beschlossen. Damit werden die Finanzmittel der ambulanten Versorgung für das nächste Jahr einschließlich der Morbiditätsrate um rund 1,6 Milliarden Euro erhöht. Dies spiegelt sich im Honorar der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte wider.

Hintergrund zu den Verhandlungen

Bei den jährlich stattfindenden Finanzierungsverhandlungen von KBV und GKV-Spitzenverband geht es darum, wie viel Geld die Krankenkassen im nächsten Jahr für die ambulante Versorgung ihrer Versicherten bereitstellen. Dazu wird der bundeseinheitliche Punktwert als Orientierungswert an die gestiegenen Kosten und Investitionen der Praxen angepasst. Anders als bei Tarifverhandlungen gibt es für die Verhandlungen des Orientierungswertes gesetzliche Vorgaben, wie die Höhe der Anpassung zu ermitteln ist.  Die regionalen Veränderungsraten der Morbidität und Demografie, die ebenfalls festzulegen sind, hat der Bewertungsausschuss bereits im Juli beschlossen. Sie bilden neben dem Orientierungswert die Grundlage für die regionalen Vergütungsverhandlungen. 

Bewertungsausschuss

Der Bewertungsausschuss ist paritätisch besetzt mit jeweils drei Vertretern der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Seine Hauptaufgabe ist es, den Einheitlicher Bewertungsmaßstab (EBM) zu erstellen und weiterzuentwickeln. Darüber hinaus passt er einmal jährlich im Rahmen der Finanzierungsverhandlungen den bundesweit geltenden Orientierungswert (OW) an, der wiederum Grundlage für die Vereinbarung regionaler Gebührenordnungen mit Euro-Preisen ist. Zudem beschließt er unter anderem Empfehlungen zur Weiterentwicklung der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung. Aufgrund der Kostensteigerungen in den Arztpraxen hatten die Vertreter der Ärzteschaft zunächst eine Erhöhung um 10,2 Prozent gefordert. Der GKV-Spitzenverband schlug hingegen eine Erhöhung um 2,3 Prozent vor. 

Erweiterter Bewertungsausschuss

Kommt im Bewertungsausschuss eine Einigung ganz oder teilweise nicht zu Stande, kann der Erweiterte Bewertungsausschuss auf Verlangen von mindestens zwei Mitgliedern angerufen werden. Das Gremium setzt sich aus den Mitgliedern des Bewertungsausschusses erweitert um einen unparteiischen Vorsitzenden und zwei weitere unparteiische Mitglieder zusammen. 
Die Festsetzung einer Vereinbarung durch den Erweiterten Bewertungsausschuss erfolgt mit der Mehrheit seiner Mitglieder. 

Mit dem Beschluss des Erweiterten Bewertungsausschusses sind die Finanzierungsverhandlungen für das Jahr 2024 beendet. Sowohl die KBV als auch der GKV-Spitzenverband akzeptierten den Vorschlag des unparteiischen Vorsitzenden des Erweiterten Bewertungsausschusses. Im Vorfeld hatten beide Seiten das Gremium angerufen, da keine Einigung zwischen Kassenärztlicher Bundesvereinigung und GKV-Spitzenverband möglich war. 

„Die Finanzmittel der ambulanten Versorgung für das nächste Jahr werden einschließlich der Morbiditätsrate um fast vier Prozent steigen. Das stellt keinen Grund dar, in Jubel auszubrechen, ist aber in seiner Wirkung vergleichbar mit der jüngsten Tarifsteigerung für die Klinikärzte, die für 2023 ein Plus von 4,8 Prozent erzielten“, kommentierte der KBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Andreas Gassen.  

Gemeinsam mit Dr. Stephan Hofmeister, dem stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden, hob er hervor, dass es der KBV gelungen sei, dass Tarifänderungen bei den Medizinischen Fachangestellten (MFA) künftig direkt in den Verhandlungen zum Orientierungswert (OW) berücksichtigt werden. „Dadurch entsteht kein jahrelanger Verzug, bis diese Kostensteigerungen im OW abgebildet werden“, erläuterte Hofmeister. 

Die Dynamisierung der Kostenpauschalen, der durch Arzneimittelengpässe steigende Mehraufwand in den Praxen sowie die Vergütung des gestiegenen Hygieneaufwands bei speziellen Leistungen sollen gesondert verhandelt werden. 

Ergebnisse im Überblick

  • Die Finanzmittel für die ambulante Versorgung von gesetzlich Krankenversicherten steigen zum 1. Januar 2024 um knapp vier Prozent. Dies entspricht einer Summe von rund 1,6 Milliarden Euro. 
    • Der Orientierungswert (OW) erhöht sich dabei für alle ärztlichen und psychotherapeutischen Leistungen um 3,85 Prozent.
    • Die morbiditätsbedingte Veränderungsrate steigt durchschnittlich um 0,1 Prozent. Dies entspricht einem Finanzvolumen von rund 43 Millionen Euro. 
  • Die Verhandlungen zur Dynamisierung von Kostenpauschalen, zum Beispiel für Dialysen und Laboruntersuchungen, sowie über eine Vergütung des Mehraufwands von Arztpraxen infolge von Arzneimittelengpässen werden fortgeführt – ebenso zu den gestiegenen Hygienekosten bei ambulanten Operationen. Sie sollen Ende 2023 abgeschlossen sein.

Reaktionen

„Dieser Abschluss ist extrem enttäuschend und wird die ambulante Versorgung schwächen“, sagte Markus Beier, Bundesvorsitzender des Hausärztinnen- und Hausärzteverbandes. Die Steigerung des OW decke die gestiegenen Kosten der Praxen bei weitem nicht ab.

Dass die Tarifverträge für die Mitarbeiter zukünftig zeitnäher abgebildet werden sollten, bezeichnete er als einen „ersten Schritt“, der „längst überfällig“ sei. „Jetzt müssen diesen vagen Ankündigungen aber auch spürbare Taten folgen“, so Beier.“ 

Dirk Heinrich, Vorsitzender des Virchowbunds und Spitzenverbands Fachärzte Deutschlands (SpiFa), erwartet eine politische Reaktion von den Kassenärztlichen Vereinigungen und der KBV. „Nach die­sem Abschluss der Finanzierungsvereinbarungen und dem erfolglosen Verstreichen des Ultimatums an Bun­desgesundheitsminister Lauterbach ist es für das KV-System jetzt an der Zeit, das Heft des Handelns in die Hand zu nehmen. Die Phase der Problembeschreibung und des Lamentierens ist vorbei. Jetzt müssen KVen und KBV in den Aktionsmodus schalten“, forderte Heinrich.

Dazu gehört auch, den Praxisärzten Wege aufzuzeigen, wie sie mit den Ergebnissen dieser Gesundheitspolitik in ihrer Praxis umgehen könnten, beispielsweise durch Einschränkung des Leistungsangebotes, so Heinrich. Aus den Worten müssten jetzt Taten folgen. 

Vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber angedachten Streichung der extrabudgetären Vergütung für Neupatienten und offenen Sprechstunden im Rahmen des anstehenden GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes gewinnt die Entscheidung des EBA aus Sicht des KVWL-Vorstandsvorsitzenden Dr. Dirk Spelmeyer nur noch weiter an Brisanz. „Unterm Strich bedeutet das alles zusammen genommen einen Einkommensverlust für uns Ärzte und Psychotherapeuten, den es so bislang noch nicht gegeben hat.“ Es kann seiner Meinung nach nicht sein, dass gleichzeitig Krankenhäuser mit Milliardenbeträgen alimentiert, dass 1000 Gesundheitskioske ins Leben gerufen werden mit Kosten von zirka 500 Millionen Euro und dass Apotheker für pharmazeutische Dienstleistungen zirka 150 Millionen Euro zusätzlich bekommen. (Lesen Sie auch: Wachsende Unzufriedenheit unter niedergelassenen Ärzten)

Quellen: Pressemitteilung auf Ärzteblatt.de vom 14. September 2023; Pressemitteilung der KVWL vom 14. September 2023


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